Somatoforme Schmerzstörung

Was ist eine somatoforme Schmerzerkrankung?

Die "anhaltende somatoforme Schmerzstörung" ist durch andauernde quälende Schmerzen über mehrere Monate gekennzeichnet, ohne dass dafür eine ausreichend körperliche Ursache gefunden werden kann, die die Beschwerden ausreichend erklärt. Schmerzen können in einer Körperregion auftreten, oft aber auch gleichzeitig in mehreren Regionen wie Kopf, Rücken, Schulter, Arm, Brust- und Bauchbereich oder im Unterleib. Meistens sind die Schmerzen von einer Erschöpfung begleitet, aber auch Schwindelgefühle, Magen-Darm-Beschwerden, Schwitzen, Unruhe oder Herzrasen kommen vor

Oft werden die Betroffenen von verschieden Fachärzten untersucht, machen sich Hoffnungen, dass endlich eine körperliche Ursache gefunden wird, und werden wieder enttäuscht: "Sie haben nichts." Nach oft jahrelangen organischen Untersuchungen ist es für die Betroffenen dann schwer, sich eine psychische Ursache ihrer Beschwerden vorzustellen. Sie sind in der Regel hilfloser als chronisch Schmerzkranke mit organischen Veränderungen wie Rheuma oder Krebs, da sie ihre Schmerzen nicht zuordnen können bzw. nicht verstehen. Auch wenn sich bei der somatoformen Schmerzstörung keine auffälligen Befunde, Laborveränderungen und/oder Auffälligkeiten im Röntgenbild finden, gibt es keinen Zweifel daran, dass die Schmerzen echt und nicht eingebildet sind.

Die Ursache der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung liegt nicht im Bereich der schmerzhaften Körperregion, sondern den Hintergrund dieser Schmerzerkrankung bildet eine Schmerz- und Stressverarbeitungsstörung. Die Betroffenen sind stress- und schmerzempfindlicher als andere Menschen. Psychische Einflüsse spielen eine wichtige Rolle für den Beginn und die Aufrechterhaltung der Erkrankung. Das Empfinden von Schmerz entsteht in einem Gebiet des Gehirns, das auch Sitz der Gefühle ist. Körperschmerz und Seelenschmerz sind daher eng miteinander verwoben. So kommt es zu einer Verknüpfung von Schmerz und negativen Gefühlen, die oft mit Ausgrenzung, Mangelsituationen oder Verlusterfahrungen in der frühen Biographie verbunden sind. Sozialer Stress in der Ursprungsfamilie oder frühe reale Schmerzerlebnisse, z.B. durch Alkoholismus, chronische Krankheit oder Scheidung der Eltern sowie körperliche Misshandlung und emotionale Vernachlässigung können dadurch eine Rolle spielen. Schmerzen und negative Gefühle können im späteren Leben durch körperliche oder psychosoziale Auslöser wieder (re-)aktiviert werden. Solche aktuellen Auslöser sind z.B. häufig Konflikte oder schon länger anhaltende Überforderungssituationen am Arbeitsplatz oder in der Familie. Gefühle wie Trauer, Ärger und Wut führen zu körperlichen Reaktionen wie z.B. Muskelverspannung. Gerade Gefühle, die mit Ausgrenzung oder Verlust verbunden sind, werden oft als Schmerz erlebt.

In der Behandlung der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung steht die Psychotherapie im Vordergrund. Ziel in der Psychotherapie ist dann, diesen mit den Schmerzen verbundenen Gefühlen einen Platz einzuräumen bzw. eine andere Ausdrucksform als den Schmerz zu finden. Dabei können auch die Körper-, Musik- oder Kunsttherapie eine wichtige Rolle spielen. Wichtig ist hierbei auch, die zwischenmenschlichen Beziehungen anzuschauen, das eigene Verhalten und die Erwartungen, die man an sich selbst und den Andern hat. Eigene Bedürfnisse und Wünsche werden in der Psychotherapie oft neu entdeckt und die Selbstfürsorge verbessert. Man lernt Überforderungssituationen früher zu erkennen und sich davor zu schützen. Häufig können im Verlauf der Therapie Kränkungen, Enttäuschungen und Verluste angesprochen werden, wodurch Entlastung und Schmerzreduktion erfahren werden.

Bei der Behandlung der somatoformen Schmerzstörung geht es also weniger um Schmerzbewältigung oder "mit den Schmerzen leben" lernen, sondern um die psychotherapeutische Bearbeitung der zu Grunde liegenden Konflikte oder andauernden Überforderungssituationen. Schmerzmittel bringen oft keine oder allenfalls nur eine kurzfristige Schmerzlinderung. Bei einem Teil der Patienten wirken Antidepressiva distanzierend gegenüber dem Schmerz.

Wie behandeln wir die somatoformen Schmerzerkrankung?

Schulungsvorträge und weitere Materialen zur Schmerzkrankheit

Podcasts

SWR4 Interview (Schmerzerkrankung, .mp3, 850 kb)
Ich bilde mir das doch nicht ein - Somatoforme Stoerungen (mp3, 6 MB)

Links

Deutsche Schmerzhilfe e.V.
Deutsche Schmerzliga e.V.
Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V.
Interdisziplinäre Gesellschaft für Psychosomatische Schmerztherapie
Deutsche Rheuma-Liga
Leitlinie AWMF

Klinik für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin am Ostalb-Klinikum Aalen
aktualisiert am 17.02.2012